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<< Zurück Schreinern wo andere die Bergwelt geniessen 19.09.00

 


Die höchste Schreinerei Europas liegt an der Bahnstation „Eigergletscher" der Jungfraubahn AG, die von der kleinen Scheidegg zum Jungfraujoch führt.

Dort, wo Wanderer und Skifahrer ihren Urlaub verbringen, ist der Standort der Werksschreinerei der Jungfraubahn AG, die seit rund 100 Jahren in Betrieb ist. Während des Baues der Eisenbahnstrecke bzw. des Tunnels durch den Berg zum Jungfraujoch und in den Jahren danach waren dort zeitweise über 30 Schreiner und Zimmerleute beschäftigt. Ihre Aufgabe war es, die anfallenden Holz- und Reparaturarbeiten, inklusive die Einrichtungsarbeiten, für das Unternehmen zu erbringen. Dazu gehörten und gehören Instandhaltung und Pflege sämtlicher Betriebseinrichtungen für Gäste und Mitarbeiter auf dem Jungfraujoch (Rekord über 6'000 Besucher an einem Tag), die Betriebseinrichtungen auf der kleinen Scheidegg und die Unterhaltung der Mitarbeiter- / Betriebsstation Eigergletscher, sowie die Instandhaltung des gesamten Waggonparks der Jungfraubahn AG

Die Geschichte dieser Schreinerei begann 1896 mit dem Bau des Tunnels, der von dem Schweizer Eisenbahn-Pionier Guyer-Zeller geplant und realisiert wurde. Um den teueren und umständlichen Transport des Holzes bzw. der fertigen Werkstücke aus dem Tal bis zur Arbeitsstelle im und am Tunnel zu rationalisieren, wurde in unmittelbarer Nähe zum Tunneleingang eine Betriebsstätte incl. Mitarbeiterheim und angeschlossener Schreinerei errichtet. Hier wurden sämtliche Arbeiten, von der Holzbühne bis zum Stempel, von Einrichtungen bis zu einfachen Arbeiten, wie das Einsetzen von Axt- und Schaufelstielen, erledigt.

Nach der Fertigstellung des Tunnels, bzw. der Bahnstrecke zum Jungfraujoch reduzierte sich die Zahl der Mitarbeiter stark. Die Arbeiten konzentrierten sich nun mehrheitlich auf den Unterhalt der Gebäude und den Waggonbau. Früher bestand der Fahrzeugpark zum größten Teil aus Fahrzeugen mit Holzverschalungen. Heute hat sich der Bau und die Einrichtung der Waggons stark geändert. Die Materialien sowohl im Waggonbau als auch im Bereich der Einrichtung wurden immer vielfältiger. Wo früher überwiegend Massivhölzer zum Einsatz kamen, werden heute mehr und mehr Kunststoffe, Aluminium und Plattenmaterialien
eingesetzt.

Einerseits haben diese Veränderungen einen großen Einfluss auf die Einrichtung der Schreinerei. Zum anderen wurde die Umstellung von der Hand- zur Maschinenarbeit zwingend notwendig. Damit wird die "neue" Schreinerei nicht nur den neuen Materialien gerecht, sondern es wird auch die gewünschte Rationalisierung und Effizienz erreicht.

Der Modernisierungsprozess der Schreinerei erfolgte, bedingt durch den Standort, langsam. Die zurückhaltende Entwicklung hätte beinahe zur Aufgabe der Schreinerei geführt. Da heute hohe Flexibilität und eine prompte Ausführung der Arbeiten verlangt wird, entschied der Standort "vor Ort" über den Erhalt der Schreinerei. Mit einem neuen Konzept wird nun der Betrieb auf die Bedingungen des Betreibers zu einer effizienten Schreinerei und einer kompletten Neueinrichtung ausgebaut.

Auf rund 230 m² Grundfläche konzipierte Schreiner-Werkmeister Markus Zurfluh die Maschinenausstattung "seines" Betriebes. Das Ergebnis ist eine kleine aber effiziente Schreinerei, bestehend aus Bank-, Maschinen- und Lagerraum. Damit entstand ein autarker Betrieb, der im Prinzip fast alle anfallenden Arbeiten ausführen kann.

Herzstück dieser Schreinerei ist die neue vertikale Striebig Plattensäge, Standard II, mit Nutvorrichtung für den Schrankkastenbau. Mit dieser Ausstattung können alle notwendigen Nutarbeiten und Zuschnitte für Platten und Massivholz ausgeführt werden.

Während der Transport der Standardmaschinen noch mehr oder weniger problemlos mit der Zahnradbahn zur Schreinerei erfolgen konnte, wäre der Transport der Striebig mit diesem Verkehrsmittel zu umständlich gewesen, da die Lieferung mehrere Umladungen bedingt hätte. Um Transportschäden zu vermeiden wurde deshalb auf die Lieferung mit der Bahn verzichtet.

Da die Striebig für Markus Zurfluh jedoch unverzichtbar war, entschlossen sich die Beteiligten, die Säge per Helikopter von Lauterbrunnen zur Schreinerei am Eigergletscher zu fliegen. Sowohl im Tal, wo die Plattensäge für den Flug vorbereitet wurde, als auch bei der Schreinerei in 2.320 m Höhe wurde die "fliegende Striebig" bestaunt, die vom Helikopter sicher zum Einsatzort geflogen wurde. Wie so oft zeigt sich, dass bei intelligenter Planung auch in kleinsten Räumen Platz für eine vertikale Plattensäge mit angeschlossenem Materiallager ist. Die Säge, die durch einen Durchgang vom Materiallager getrennt ist, kann dennoch problemlos mit den unterschiedlichsten Materialien wie Span-, Tischler-, Kunststoff-, Corean-, Verbund und Resozell-Platten beschickt werden.

Sämtliche Materialien werden vor Ort in ausreichender Menge bevorratet, um die anfallenden Arbeiten sofort erledigen zu können. Einen besonderen Material-Schwerpunkt bilden die Verbund- und Resozell-Platten, die für den Elektrokastenbau verwendet werden. Aber auch die anderen Materialien werden je nach Bedarf verarbeitet und in unterschiedlicher Weise miteinander kombiniert.

Nicht ohne Stolz berichtet Zurfluh von seiner höchsten Schreinerei in Europa, die bis auf Furnierpresse, Bandschleifmaschine und Verleimständer fertig eingerichtet ist. Höhepunkt der Einrichtung aber war die vertikale Plattensäge von Striebig, die als einzige Maschine per Helikopter angeliefert wurde.

Text: Striebig

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