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 Baum des Jahres 2003
 

Die Schwarz - Erle - Alnus glutinosa [L.] GAERTN.
ist Baum des Jahres 2003

05.03.2003

 

 

Eine Lebenskünstlerin, die mit Hochwasser am besten fertig wird, die aber derzeit durch einen pilzähnlichen Organismus sehr bedroht ist. Die Bruchwälder stehen in den Roten Listen gefährdeter Biotope. Sie düngt den Boden und halb Venedig steht auf ihrem Holz.


Das gab der Vorsitzende des Kuratoriums Baum des Jahres, Dr. Silvius Wodarz am 24.10.02 in Berlin bekannt.

 
 

Charakteristika/Erkennungsmerkmale: bis in die Kronenspitze gerade durchlaufender Stamm - sie erreicht ein relativ geringes Alter von max 100- 120 Jahren - die Blätter , verkehrt eiförmig, haben oben statt einer Spitze eine Delle - männliche Blüten als hängende Kätzchen, die weiblichen sind kleiner und stehen aufrecht.

Früchte, der Fruchtstand verholzt zu einem Zapfen (beliebt für Gestecke und zum Basteln), haben luftgefüllte Schwimmpolster und werden so mit dem Wasser transportiert

 

 

Zum deutschen Namen Schwarz-Erle passt die dunkle Schuppenborke - sehr aktives Herzwurzelsystem dringt auch in schwere vom Grundwasser beeinflusste Böden ein, Luftversorgung durch Öffnungen in der Rinde - Wurzelanschwellungen bis zu Apfelgröße beherbergen Bakterien, die Stickstoff aus der Luft binden und dem Baum zur Verfügung stellen können, bis zu 200 kg/ha möglich. Das entspricht etwa einer landwirtschaftlichen Volldüngung!
Ökologie/Vorkommen

 

 

Die Schwarzerle ist die Baumart, die mit Hochwasser am besten fertig wird, ist daher hochaktuell. Möglich wird ihr das Überleben nur wegen ihrer Fähigkeit des Lufttransports in den Wurzeln. Sie ist eine typische Pionierbaumart auf nassen Standorten. Die Schwarzerle ist in ganz Europa heimisch, von der Ebene bis in mittlere Gebirgslagen. In Deutschland größere zusammenhängende Bestände nur im Norden z.B. im Spreewald. Die wenigen verbliebenen, von der Schwarzerle beherrschten Bruchwälder gehören zu den Waldgesellschaften mit der höchsten Anzahl seltener und gefährdeter Pflanzen- und Tierarten. Als Gefährdungsursache dieser Lebensräume gelten im wesentlichen Entwässerungsmaßnahmen - diese Waldgesellschaften stehen in den Roten listen gefährdeter Biotoptypen. Die Schwarzerle bietet Lebensraum für über 150 Insektenarten (allein 75 Schmetterlingsarten), mehrer Dutzend Vogelarten und über 70 Großpilzarten.

 

 
 

Zu der todbringenden Krankheit, die die Schwarzerle bedroht: was ist die Ursache für das neuartige Erlensterben, das erst 1993 entdeckt wurde und bei dem innerhalb weniger Jahre ganze Erlenbestände absterben können? Verursacher ist ein winzig kleiner pilzähnlicher Organismus mit dem Namen Phytophthora, dessen Sporen sich mit Hilfe von Geißelhaaren aktiv im Wasser ! ausbreiten können und in die Erle eindringen. Dann stirbt meist zuerst die Rinde nahe dem Stammfuß und schließlich der ganze Baum ab. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand scheint es, dass die Natur hier ein genetisches Experiment veranstaltet hat mit grausamen Folgen, die auch uns Menschen über die Risiken der Gentechnik zudenken geben sollten. Zwei zuvor für die Erle unbedeutende Krankheitserreger haben sich miteinander gekreuzt und dabei herausgekommen ist ein Organismus, der in seiner Gefährlichkeit seine Verwandten weit übertrifft und gegen en die Erle bisher keine Abwehrstrategien entwickeln konnte, weil er absolut neu ist. Der Erle wird ihr natürlicher Lebensraum an Gewässern und in Sümpfen zum Verhängnis, denn ausgerechnet hier, im Wasser, kann sich der Erreger optimal ausbreiten. Nach diesem Kenntnisstand kommt allen, die für die Ausbreitung der Schwarzerle sorgen wie z.B. Baumschulen, Forstbetrieben, Grünflächenämtern sowie Garten- und Landschaftsbaubetrieben gerade im Jahr 2003 eine große Verantwortung zu - nämlich dafür Sorge zu tragen, dass nicht Pflanzen verbreitet werden, die mit dem Erreger infiziert sind.
Das ist die wichtigste (über)lebensnotwendige Botschaft, die es Jahr der Schwarzerle bekannt zu machen gilt.

 

 
 

Nutzung/Verwendung/Heilkunde - das Erlenholz : die auffallend blutrote Färbung der frischen Schnittflächen hat zu der Legende geführt, dass Erlen "bluten". Die Rotfärbung entsteht aber lediglich durch Sauerstoffreaktionen von Zellinhaltsstoffen. Das Holz ist gut zu trocknen, reisst wenig, lässt sich leicht und sauber bearbeiten. Es wird eingesetzt massiv in der Kunst- und Möbeltischlerei oder als Furnier - vielleicht ist das "Kirschbaum"schlafzimmer aus Schwarzerle? Heute wieder Interesse der Möbelindustrie für Erlenholz, was die Baumart auch für die Forstwirtschaft interessant macht. Das wird 2003 ertst richtig losgehen!

Früher "Holzschuhbaum", für Küchengeschirr und Schusterleisten sowie zur Bleistiftherstellung verwendet. Im Wasser verbaut hat es eine große Dauerhaftigkeit halb Venedig steht auf Erlenpfählen (die andere Hälfte auf solchen der Eiche).

 
 

Schwarzerlenpflanzungen zum Schutz gegen Erosion. Sie dienen mit ihrem massiven Wurzelwerk, das auch untere die mittlere Grundwasserlinie reicht, der dauerhaften Uferbefestigung (Hochwasser!!).

In der Heilkunde keine besondere Bedeutung.

Mythologie/Brauchtum Der viel verwendete Name Rot-Erle geht auf die erwähnte rötliche Verfärbung der Schnittflächen zurück - er ist aber abzulehnen, weil er zu Verwechslungen mit der Nordamerikanischen "richtigen" Rot-Erle, Alnus rubra, führt. Weitere gebräuchliche Bezeichnungen sind Eller oder Else. Ortsnamen, die auf die Schwarzerle zurückgehen sind z.B. Irlach und Ellern.

Literarisch hat GOETHE die Erle bekannt gemacht, allerdings aus Versehen! Seine bekannte Ballade vom Erlkönig hat nichts mit dem Baum zu tun. Es handelt sich um einen Übersetzungsfehler HERDERs, der das dänische "ellerkonge" = Elfenkönig mit Erkönig verwechselt hat - GOETHE hat den Fehler übernommen. Sie erinnern sich ? "Wer reitet so spät durch Nacht und Wind - es ist der Vater mit seinem Kind...

 
 


Mythologie
Vieles in der Mythologie, was um die Schwarzerle entstanden ist, hat damit zu tun, dass sie vorzugsweise auf nassen, sumpfigen Standorten vorkommt. Wehe dem, der auf ihre Irrlichter hereinfiel. So fürchteten Wanderer vom Wege abzukommen und dem unheimlichen Erlenweib mit Haaren so blutrot wie das frisch gefällte Holz zu begegnen.

Die Schwarzerle ist eine wertvolle und interessante, aber durch Entwässerungsmaßnahmen und das derzeitige Erlensterben hochgradig bedrohte Baumart, die dringend unserer Aufmerksamkeit und Pflege bedarf. Die Hochwasser vom August 2002 haben deutlich gemacht, welche Auswirkungen der Rückgang von Ökosystemen wie Bruch- und Auenwäldern haben kann. Ein Gegensteuern wird eine langfristig angelegte Umweltpolitik erfordern. Der Baum des Jahres 2003 und sein gesichertes Fortbestehen wird damit auch ein Weiser für die Lernfähigkeit des Menschen sein.

Unter www.baum-des-jahres.de sind weitergehende Informationen zur Schwarzerle, der Text eines Faltblatts für Kinder und die aktuelle und derzeit wohl umfangreichste Literaturliste zur Biologie und Ökologie der Schwarzerle zu finden.

Siehe auch Holzartenlexikon: Erle

Bildquelle:
Kuratorium
Baum des Jahres

Kneippstr. 15
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Tel 09231/985848
Fax 09231/82927
 

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