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Holzwerkstoffe und die neue Sachlichkeit
05.02.02


Messe Nürnberg, Februar 2002.


Eleganz und Funktionalität bestimmen die Wohntrends, Aluminium ist zurzeit das Lieblingsmaterial der Möbeldesigner. Holz setzt warme Akzente in der kühlen Schlichtheit.

Moderne Holzoptik kontrastiert in neuartigen Dekoren mit dem nüchternen Metall. Mehr noch: Durch raffinierte Maserungen und vielfältige Farbnuancen wird sie selbst zum heimlichen Star.


Aus Brilon im Hochsauerland kommen maßgebliche Möbeltrends nicht nur für Deutschland, sondern auch für Frankreich, England, Benelux und Skandinavien. Nirgendwo sonst in Europa werden so viele Küchen und Kastenmöbel produziert, sind historisch so viele Möbelhersteller angesiedelt, liegen Rohstoffe, Verarbeiter und Hersteller so nah beieinander wie im ostwestfälisch-lippischen Dreieck zwischen Minden, Paderborn und Beckum. Beispielsweise werden hier pro Jahr mehr Möbel produziert als in ganz Frankreich. Die Nähe der Rohstoffe – Laub- und Nadelbäume – und die günstige Lage in Zentraleuropa gaben Anfang des 19. Jahrhunderts den Ausschlag für die Ansiedlung der Holz- und Möbel-Industrie in dieser Region. Grund genug für den Holzwerkstoffhersteller Egger aus dem österreichischen St. Johann, 1990 seine eigene Produktion in Deutschland in Brilon zu beginnen. Inzwischen produziert Egger an sechs deutschen Standorten.

Aus zunächst acht Zentimeter dicken Streuschichten entstehen zwei Zentimeter dicke Spanplatten.

"Wir machen mehr aus Holz", schrieb sich das Tiroler Familienunternehmen, das mit 2,7 Milliarden Mark Umsatz einen europäischen Marktanteil von rund zehn Prozent erwirtschaftete, auf seine Fahnen. Holz ist wertvoller Rohstoff. Was Egger daraus macht, perfektioniert die Eigenschaften des Naturmaterials. "Wir kombinieren die guten Eigenschaften des Holzes und verwandeln es in einen leicht zu verarbeitenden, modernen Werkstoff, der sich nahezu beliebig formen und harmonisch mit anderen Materialien kombinieren lässt", erläutert Klaus Monhoff, Produktmanager von Egger in Brilon.

Die fertigen Platten lassen sich auch ausgefallenen Formen perfekt anpassen.

Auf dem rund 300.000 Quadratmeter großen Industriegelände werden in zwei Fertigungsstraßen und zahlreichen Produktionshallen Spanplatten und mitteldichte Faserplatten (MDF-Platten) hergestellt. Die Stämme der Nadelbäume aus der Region sowie zu einem geringeren Anteil auch
Laubbäume werden – ähnlich wie Mohrrüben in der Küchenmaschine – gehäckselt und gemessert, bis hauchfeine Späne übrig bleiben. Diese werden in haushohen Trommeln getrocknet, in einer 38 Meter langen Presse bei 200 Grad mit 270 Bar und unter Zugabe von Leim zu Spanplatten gepresst.

Aus zunächst acht Zentimeter dicken Streuschichten entstehen zwei Zentimeter dicke Spanplatten. Der Clou dabei: Ein Gebläse trennt die feinen von den gröberen Spänen. Wenn die Späne zusammengepresst werden, rahmen die äußeren, feinen Lagen eine gröbere Schicht in der Mitte ein. Dies verhindert, dass das Holz "arbeitet", sprich sich verformt oder "schüsselt", wie der Fachmann sagt. Während Vollholz einen Flüssigkeitsanteil von etwa zehn bis zwölf Prozent hat, weist eine Spanplatte nur rund vier Prozent auf und ist damit sicher zu verarbeiten. "Die Platte bleibt stehen", sagt der Tischler dazu.

 


Nach dem Pressen kommen die noch warmen
Platten zum Abkühlen in den Sternwender.

 

Bildquelle: NürnbergMesse

 


Noch eindrucksvoller verläuft die Fertigung der MDF-Platten: Aus 90 Zentimeter hoch geschichteten Spänen entstehen 38 Millimeter dicke oder dünnere Platten. Vorteil der MDF-Platten: Sie bestehen aus noch feinerem Material. Dafür wird Nadelholz hauchdünn zerfasert und anschließend zu einer homogenen Masse gepresst. Die fertigen Platten lassen sich äußerst vielseitig be- und verarbeiten und auch ausgefallenen Formen perfekt anpassen.

In weiteren Fertigungsschritten werden die hier erzeugten Feinspanplatten mit speziell bedrucktem und mit Melaminharz imprägniertem Papier beschichtet sowie je nach Dekor auch geprägt. Mehr als 20 Strukturbleche in der Größe der Platte stehen bereit, um den Oberflächen der knapp zwölf Quadratmeter großen MDF- oder Spanplatten eine natürlich anmutende Haptik zu verleihen. Denn immer mehr zählt beim Verbraucher nicht nur die Optik, sondern auch die fühlbare Struktur der Oberfläche. Fein oder grob strukturiert und in allen erdenklichen Nuancen eingefärbt, verlassen jeden Tag knapp 5.000 Kubikmeter Holzwerkstoffe in rund 150 LKW das Gelände.

Ein Team spürt die internationalen Trends und Tendenzen, Moden und Extravaganzen auf.

Die Farben und Muster der Dekore zu entwickeln, ist eine Wissenschaft für sich.
Ein ganzes Team um Produktmanager Klaus Monhoff spürt die internationalen Trends und Tendenzen, Moden und Extravaganzen auf. Dabei geht es längst nicht nur um Möbel: Vorreiter der Einrichtungstrends stammen oft aus der Modebranche. "Vogue" und "Madame" gehören zur Pflichtlektüre der Dekor-Designer. Inspirieren lassen sich die Farbexperten bei Egger unter anderem auch vom größten Farbfächer der Welt, dem Natural Color System. Dieser zeigt Farben in allen nur erdenklichen Nuancen. Industrielle Anwender wie die Autoindustrie leiten daraus äußerst fantasievolle Farben und Namen – von Zartviolett bis Sonnenorange – ab.

Doch was ist überhaupt ein Trend? Bei dem inflationären Gebrauch dieses Wortes entdeckten Trendforscher schnell den "Trend zum Megatrend". Gibt es ihn überhaupt, einen Trend, den Stil der Neunziger oder den Stil des neuen Jahrtausends? "Mit Sicherheit nicht mehr so wie den der sechziger und siebziger Jahre. Alles vermischt sich, vieles ist erlaubt, existiert nebeneinander", erläutert Monhoff. "Um schlicht und einfach den Überblick zu behalten, sprechen wir trotz der Diversifikation von Schwerpunkt-Bereichen."

Diese lassen sich in zwei große Designrichtungen einteilen. Ein Hauptthema der neunziger Jahre war der Landhaus-Stil, der sich in Abwandlungen in dem mediterranen und dem Shaker-Stil fortsetzt. In der Mode verzierten Streublümchen die Kleider, Hemden waren kariert, Pastelltöne angesagt, Vichy-Caro und Capri-Hosen wieder in. Anfangs präsentierte sich das Landhaus noch mit kräftigen Farben, rotbraunem Terrakotta und verspielten Details. Diese wurden abgemildert, die Hölzer insgesamt heller, die Dekore schnörkelloser. Buche war und ist bis heute die beliebteste Oberfläche, dicht gefolgt von Ahorn und Birke. Den Zenit schon überschritten hat die dunklere, rötliche Kirsche. Innerhalb von nur drei Jahren entwickelte sich eine nahezu unbegrenzte Vielfalt: Vom europäischen Kirschbaum bis zum amerikanischen Black Cherry, von streifigen Maserungen bis zu blumig-geplankten Dekoren, von dunklen, fast schon bräunlichen Farben bis zum naturbelassenen Furnier-Farbton.

Naturbaustoffe sind unverzichtbar als warmer Gegenpol zum schlichten Purismus.

Seit etwa zwei Jahren entsteht neben dem Landhaus-Stil eine neue Designlinie. Die kühle Sachlichkeit, der Bauhaus-Stil der Moderne, erlebt eine Renaissance. Grau in grau kleideten sich vor zwei Jahren die modebewussten Trendsetter. Neue, metallisch glänzende Materialien lösten die gute alte Baumwolle ab, Teenager tauschten die Bluejeans gegen hautenge Synthetikhosen. Im Design folgte die Form wieder mehr der Funktion.
Naturbaustoffe sind als Akzente gefragt. Sie sind nicht immer Hauptbestandteil, aber unverzichtbar als warmer Gegenpol zum schlichten Purismus. Natur trifft Technik. Technische, industrielle Optiken halten immer mehr Einzug ins Privatleben, das zunehmend mit neuen Technologien – Computer, Handy, HiFi, DVD – angereichert wird. Die Küche wird zur Kochwerkstatt, inspiriert von der guten alten Werkbank. Bezeichnend für diesen Stil sind lineare Holzmaserungen, die vornehmlich in horizontaler Richtung zum Einsatz kommen.
Einfärbungen und spezielle Lackierungen lassen bei einigen Dekoren die Maserung noch stärker hervortreten. Auch Eiche liegt in diesem Trend. Abgesetzt mit Aluminium, veredelt sie Oberflächen und Fronten von Küchen und Kastenmöbeln. Anders als in der Vergangenheit wirkt sie nicht mehr rustikal, sondern zeigt sich in sehr dezenten Streifen, mit leichter Kalk-Pore überwiegend in hellen, pastelligen Farben. Der Trend zu streifigen Holzmaserungen, die sich horizontal einsetzen lassen, ist unverkennbar. Abzuwarten bleibt, wie schnell sich die Hölzer mit kräftiger Pore, wie Eiche oder
Esche, in den kommenden Jahren durchsetzen werden.

Neben dem Landhaus-Stil entsteht eine neue Designlinie, die kühle Sachlichkeit.

Ganz neu ist auch "Fino": Die Fantasie-Maserung wurde im Gegensatz zu anderen Dekoren keiner natürlichen Struktur nachempfunden. Das sehr lineare, stark geprägte Muster ist in vier Farbnuancen erhältlich. Metallisch zeigt sich eine weitere neue Oberflächen-Serie: Aluminium-Schichtstoffe mit Noppen, Rauten oder Steinoptik sowie Bronze- und Edelstahl-Töne gehören zu den Verkaufsrennern. Den Ansprüchen der kreativen Einrichter und Gestalter im Holz- und Möbelbau begegnet Egger mit insgesamt 240 Dekoren und Schichtstoffen. "90+60+90" heißt die neue "Ideal-Auswahl", deren Quersumme die Anzahl der in der Gesamtkollektion enthaltenen Variationen ergibt.

Vorgestellt wird das Sortiment mit dem beziehungsreichen Titel zur HOLZ-HANDWERK 2002.

 
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